Vintage-Serien Tipps
Vintage Lebensart

Serien von früher: Meine Serien-Tipps

14. Juni 2020

Eigentlich ist der Sommer keine typische Zeit zum Fernsehen. Durch Corona ist in diesem Jahr jedoch einiges anders. Für alle, die für zu Hause Unterhaltung im Vintage-Stil suchen, gibt es hier ein paar wirklich sehenswerte „Serien von früher“.

Serien sind ein gutes Mittel um zu entspannen, den Alltag zu vergessen oder einfach gut unterhalten zu werden. Gerade bei historischen Stoffen haben Serien gegenüber Filmen den Vorteil, dass sie mehr Zeit haben, uns in die Vergangenheit zu entführen und das Früher vor unseren Augen lebendig werden zu lassen. Im ersten Teil meiner Reihe „Serien von früher“ habe ich vier meiner Lieblingsserien zusammengestellt, die in früheren Zeiten spielen und mit Ausstattung, Liebe zum Detail und einer mitreißenden Geschichte für beste Vintage-Unterhaltung sorgen.

Anne with an E

Eine der besten Serien, die ich je gesehen habe, ist Anne with an E. Mit viel Liebe adaptiert die kanadische Dramaserie den Roman Anne auf Green Gables von Lucy Maud Montgomery aus dem Jahr 1908 (den ihr übrigens auch bei meinen Buchempfehlungen Bücher von früher finden könnt). Erzählt wird die Geschichte des Waisenmädchens Anne Shirley, das durch eine Verwechslung bei dem Geschwisterpaar Matthew und Marilla Cuthbert landet. Mit ihrer positiven Lebenseinstelllung, ihrer Intelligenz und ihrer unbändigen Fantasie, mit der sie das Alltägliche ins Wunderbare zu verklären vermag, gewinnt sie nicht nur deren Herz, sondern bringt auch das Leben in ihrem Dorf Avonlea durcheinander.

Die Geschichte spielt im Jahr 1896, ist aber mit Themen wie Vorurteilen, Mobbing, Diskriminierung und Sexismus hochgradig aktuell. Gleichzeitig rührt die tiefgründige Geschichte fast in jeder Folge zu Tränen, mal weil sie traurig, mal weil sie einfach so schön ist. Dabei gleitet die Handlung nie ins Kitschige ab, sondern transportiert eine Botschaft, die wir uns heutzutage mehr denn je zu Herzen nehmen sollten. Anne ist authentisch, poetisch, berührend, klug und mitreißend. Die bis in die kleinsten Nebenrollen herausragend besetzten Schauspieler und Schauspielerinnen tun ihr Übriges, um Anne with an E zu einer der besten Serien der letzten Jahre zu machen. Ich könnte so viel zu dieser wunderbaren Serie sagen. Das Wichtigste aber ist: Unbedingt angucken!

Downtown Abbey

Ein großer Erfolg unter den historischen Serien ist die britische Serie Downtown Abbey, die in sechs Staffeln und einem Kinofilm das Schicksal einer Adelsfamilie und deren Personal zu Beginn des 20. Jahrhunderts erzählt. Die Stärke von Downtown Abbey ist dabei nicht so sehr die zum Teil doch sehr vorhersehbare Story. Viel mehr ist es die Detailgenauigkeit, mit der die Zeit nach der Jahrhundertwende zum Leben erweckt wird. So werden zum einen immer wieder bedeutende historische Ereignisse, wie der Untergang der Titanic, der Ausbruch des Ersten Weltkrieges oder die spanische Grippe, in die Handlung eingeflochten. Aber auch vergleichsweise kleine Ereignisse, wie die Erfindung des Telefons oder des Toaster, der plötzlich in der Küche zum Einsatz kommt, finden ihren Platz und zeigen, welche Auswirkungen sie auf das alltägliche Leben hatten. Das macht die Serie sehr authentisch.

Ein weiterer Pluspunkt ist, dass Downtown Abbey ein Ensemblestück ist. Es gibt keine klassischen Haupt- und Nebenfiguren, stets geht es um die Gesamtheit. Dadurch bekommt der Zuschauer und die Zuschauerin ein Gespür für die Gesetze, Werte und Sorgen der damaligen Zeit und lernt diese aus verschiedenen Blickwinkeln kennen, ohne zu verurteilen. Bei all der Detailverliebtheit ist die Handlung dabei nie langatmig oder ausufernd. Die wunderschönen Kostüme sorgen zudem für einen hohen Schauwert. Nicht umsonst steht Downtown Abbey als „von Kritikern am besten bewertet Fernsehserie“ des Jahres im Guiness-Buch der Rekorde.

Hollywood

Hollywood in den 40er – das klingt nach Glamour, nach Glanz und nach großen Gefühlen. Die großen Gefühle gibt es zwar, doch hinter Glanz und Glamour verbergen sich Prüderie, Ausbeutung und Gier. Hollywood, das ist nicht neu, zieht mit seinem Schein Menschen an wie das Licht die Motten – und lässt sie gnadenlos verbrennen, wenn sie nicht ins System passen oder nach den Regeln der Traumfabrik spielen wollen. Und die Regeln sind hart. Wer es nach oben schaffen will, muss bereit sein, sich selbst zu verleugnen, sich sexuell benutzen zu lassen und darf nicht davor zurückschrecken, zu einer Marionette in der Hand der Mächtigen degradiert zu werden.

Dass Hollywood böse ist, wissen wir. Was neu und besonders an der Netflix-Serie ist, ist, dass sich vor diesem Hintergrund eine alternative Geschichtsschreibung entwickelt, die jene in den Fokus rückt, die noch heute diskriminiert werden: die schwarze Schauspielerin, der schwarze, homosexuelle Drehbuchautor, der halbphilippinische Regisseur. Sie alle bekommen eine Stimme, eine Chance, einen Film zu machen und zu zeigen, dass Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe oder sexuelle Orientierung nichts über Fähigkeiten und Talent aussagt. Das große Hollywood-Finale rührt zu Tränen, auch weil es eigentlich nur Fake ist. Denn Hollywood ist, wie viele andere Teile der Welt, noch lange nicht so weit wie dieses Hollywood der 40er. Und so steht am Ende die Frage: Wie könnte Hollywood, wie könnte die Welt aussehen, wenn diese Menschen damals tatsächlich den Mut gefunden hätten, sich zusammenzutun und so einen Film zu machen? Rock Hudson jedenfalls hat sich, anders als in der Serie, bis zu seinem Aidstod nicht zu seiner Homosexualität bekannt.

Babylon Berlin

Wenn wir an die 20er Jahre denken, denken wir an durchtanzte Nächte getränkt in Alkohol und schweren Zigarettendunst, sehen die Flapper Girls in ihren schwingenden Kleidern Charleston tanzen und beneiden die damalige Generation um den Rausch, in dem sich das Leben in diesem Jahrzehnt der dauerhaften Party abgespielt haben muss. Doch Babylon Berlin zeigt uns schnell: Ganz so glamourös war es nicht. Tatsächlich waren die Zwanziger Jahre geprägt von Verunsicherungen und Angst. Denn der Begriff der Goldenen Zwanziger bezeichnet lediglich den Zeitabschnitt zwischen 1924 und 1929 – eine vergleichsweise kurze Phase, die mit der Einführung der Rentenmark begann und fünf Jahre später durch die Weltwirtschaftskrise schon wieder beendet wurde.

Die Handlung der Serie ist im Jahr 1929 angesiedelt. Das Land geht einer ungewissen Zukunft entgegen. Der Erste Weltkrieg ist seit gut zehn Jahren vorbei, ebenso lang nennt sich Deutschland Republik. Doch die junge Weimarer Republik steht von Anfang an auf wackeligen Beinen. Die Niederlage im Krieg ist noch immer nicht verwunden und der Glanz der Goldenen Zwanziger Jahre verblasst bereits wieder. All das fangen die Serie und ihre Figuren ein. Da ist Kommissar Gereon Rath (Volker Bruch), der von Köln nach Berlin kommt, um in einem Erpressungsfall zu ermitteln. Wie viele Veteranen seiner Zeit leidet er am Kriegszittern, einer posttraumatischen Belastungsstörung und Nachwirkung seines Einsatzes im Ersten Weltkrieg. Da ist Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries), eine junge Stenotypistin, die sich und ihre Familie mit Prostitution über Wasser hält. Und da ist Bruno Wolter (Peter Kurth), Oberkommissar bei der Sitte und Verschwörer der Schwarzen Reichswehr. Sie verkörpern die großen Probleme der Republik: die traumatische Kriegserfahrung, Armut und Existenzangst und die Sehnsucht nach der Monarchie. Daraus entwickelt sich ein intelligent gestrickter Verschwörungskrimi mit der ein oder anderen überraschenden Wendung. Die Handlung ist dabei nicht immer ganz rund und an mancher Stelle etwas dick aufgetragen. Das ändert jedoch nichts daran, dass man als Zuschauer*in förmlich verschluckt wird vom pulsierenden Berlin der 20er Jahre und sich einerseits fragt, was eigentlich das Lebensgefühl unserer Zeit ausmacht. Andererseits zeigen sich unübersehbare Parallelen zwischen dem Damals und dem Heute. Das ist nicht nur unterhaltend, sondern stimmt auch nachdenklich.