Um kaum ein anderes Fabelwesen ranken sich so viele Legenden wie um die Meerjungfrau. Unzählige Seemänner schmachteten nach dem geheimnisvollen Wesen mit dem Fischschwanz und stürzten ins Verderben. Der Mermaid-Trend ist eher bunt als düster. Zauberhaft ist er allemal.
Es ist ihre liebliche Stimme, die über das Wasser klingt und Schiffe von ihrem Kurs abbringt. Es ist ihr von wallendem Haar umrahmtes weißes Gesicht, die Seefahrer betört. Es ist ihre Erlösungsbedürftigkeit, die Männer herausfordert. Die Meerjungfrau, auch Seefrau oder Fischweib genannt, beflügelt die Fantasie der Menschen seit Jahrhunderten. Momentan beflügelt sie vor allem die Werbeindustrie.
Endlich einmal Meerjungfrau sein
Dass sich mit Fabelwesen Geld verdienen lässt, hat bereits der immer noch anhaltende Unicorn-Boom gezeigt. Die kunterbunte, süß duftende Welt des Einhorns hat viele von uns in Verzücken versetzt. Mit der Meerjungfrau hat es glitzernde Gesellschaft bekommen. Ähnlich wie das Einhorn beflügelt es unsere Klein-Mädchen-Fanatsie. Wer hat früher nicht davon geträumt, eine Meerjungfrau zu sein? Ich jedenfalls habe mir schon als Dreijährige vorgestellt, dass meine neonpinkfarbene Badehose ein wunderschöner Fischschwanz ist.
Es gibt eine Vielzahl von Büchern, Bildern und Filmen, die das Bild des sehnsüchtig wartenden Mischwesens nachzeichnen. Die bekannteste Meerjungfrau stammt aus der Feder des dänischen Dichters und Schriftstellers Hans Christian Andersen aus dem Jahr 1837. Sein Kunstmärchen „Die kleine Meerjungfrau“ beruht auf der Sage der Undine. Als weiblich-jungfräulicher Wassergeist ist sie die älteste Seejungfrauen-Vertreterin. Sie tauchte erstmals in Schriften des 14. Jahrhunderts auf.
Erlösungsbedürftig und verführerisch
Einen mindestens genauso hohen Bekanntheitsgrad wie Andersens unglückliches Meermädchen hat Disney’s „Arielle“. Sie schwamm sich 1989, also lange vor dem Mermaid-Trend, in die Liga der Top-Disney-Prinzessinnen.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche Märchen und Sagen über die Seejungfrauen. Ihr charakteristisches Merkmal ist dabei stets ihre Erlösungsbedürftigkeit. Meist handelt es sich um ein verdammtes Wesen, das nur durch die Liebe eines Menschen von seinem Schicksal befreit werden kann. Weitere Aspekte verkörpern die Wasserfrauen (Aspekt der Mütterlichkeit bzw. der Liebe) und die Nixen (Aspekt der Bedrohung bzw. Verführung), die von Meerjungfrauen nicht eindeutig abzugrenzen sind.
Lasst uns träumen
Böse gesagt: Der Mermaid-Hype setzt auf schutzbedürftige Weibchen in Pastellfarben und Glitzer. Ich finde, durch die Genderbrille muss man das Ganze nicht sehen. Natürlich schreien Glitzer-Duschgel und babyblauer Mermaid-Toast „Mädchen total“ – aber das muss doch nicht zwangsläufig schlimm sein, oder? Letztlich geht es doch einfach darum, ein wenig zu träumen und unserer schnelllebigen, oft kalten Realität ein wenig Zauber hinzuzufügen. Der Mermaid-Trend lässt sich mit ganz unterschiedlichen Mittel umsetzen:
Schillernd wie das Meer: Das Mermaid-Make-up
Beim Mermaid-Make-up kommen Metallic- und Pastellfarben zum Einsatz. Und natürlich darf auch ein Hauch Glitzer nicht fehlen. Das ist vielleicht nicht immer alltagstauglich, auf jeden Fall aber ein Hingucker. Wenn dir Glitzer-Lidschatten für den Alltag zu auffällig ist, kannst du mit in Meeresfarben changierendem Nagellack, einer algigen Gesichtsmaske oder irisierend glänzendem Lippenstift für ein bisschen Meereszauber sorgen. Stilecht kannst du dein Make-up mit Mermaid-Pinseln auftragen.
Für eine vollständige Verwandlung in eine Meerjungfrau sorgt die passende Haarfarbe: Blau, Grün, Lila und Rosa lassen sich zu wunderschönen Verläufen zusammen mixen. Allerdings erfordert der Trend etwas Mut und steht sicher nicht jedem. Ein einfacheres Mittel für den Meeres-Look ist zum Beispiel ein Salt Spray für die Haare: So siehst du aus wie gerade dem Wasser entstiegen.
Pastellfarben und eines Prise Glitzer: Mermaid-Küche
Auch die Küche haben die Meerjungfrauen längst erobert. Ob Mermaid-Toast, Mermaid-Cupcakes oder Torten in Fischschwanzoptik: Meerjungfrauen beflügeln die Fantasie und laden zum Verzieren und Gestalten ein. Das erfordert ein wenig Übung, macht aber jede Menge Spaß. Und wenn dir die ganze Verziererei zu aufwendig ist, bringt etwas Lebensmittelfarbe die gewünschte Mermaid-Optik.
Mermaiding: Schwimmen wie Arielle
Zu einer richtigen Schwimmsportart hat sich das Mermaiding entwickelt. Dabei wird versucht, in einem Fischschwanzkostüm wie eine Meerjungfrau durchs Wasser zu schwimmen. Der Schwimmstil ist eine Mischung aus Flossenschwimmen und Delfin-Schwimmen – auf meiner Liste der Dinge, die ich unbedingt mal machen möchte, steht Mermaiding auf jeden Fall mit drauf.
Natürlich steckt hinter all dem eine riesige Kommerzialisierung, die man nicht gut finden muss. Was vor ein paar Jahren noch Vampire waren, sind heute Einhörner und Meerjungfrauen. Lamas und Faultiere stehen schon in den Startlöchern.
Ich denke, Trends sollte man nicht zu ernst nehmen. Letztlich sind sie nicht mehr als eine Projektionsfläche für unsere Fantasie und lassen uns träumen – das kommt in unserem Alltag leider oft viel zu kurz. Und letzlich kann ja jeder von uns selbst entscheiden, ob er diesen Trend teilen oder ablehen will. Denn das eigentliche Problem an Trends ist es doch, ihnen um des Trend Willens zu folgen.